Farmschule Naos 1978 – 2008
Innerhalb von gut 30 Jahren hat die Farmschule Naos mehreren Hundert
Kindern eine zumindest siebenjährige Schulausbildung
ermöglicht. Dadurch haben sie einen höheren Lebensstandard
und bessere Chancen im Leben gewonnen. Ein Überblick über
ihre Entwicklung in den Augen ihrer deutschen Spender und
Unterstützer.
- 1978
-
Auf Naos entsteht eine der allerersten Farmschulen Namibias:
Anfang des Jahres stellt das Ehepaar Scholz einen Antrag auf Errichtung
einer Schule. Ab Februar besuchen Kinder im Alter von sechs bis sechzehn
Jahren die erste Klasse. Als Klassenzimmer dient die kleine ehemalige
Farmkirche, außerdem wird eine Lehrerwohnung eingerichtet. Die
Kinder sind mit Feuereifer dabei und machen gute Fortschritte, lesen,
schreiben, rechnen und singen. Die größeren Jungen gehen im
Anschluss an die Schule wie gewohnt zur Arbeit.
- 1979
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Am 21. März findet die offizielle Einweihung der Farmschule durch
den General-Administrator M.R. Steyn statt. Nach seiner Gattin wird die
"Yvonne-Steyn-Skool" benannt. Im Mittelpunkt der Feier stehen die
Schulkinder, die eine Vorführung mit Gesang und Tanz vorbereitet
haben.
- 1980
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Fast fünfzig Kinder besuchen die Farmschule, die nun vier Klassen
umfasst. Deshalb ist ein Neubau mit einem weiteren Klassenzimmer und
einem Lehrerbüro nötig geworden. Zusätzlich zum
Unterricht für die Kinder findet seit dem Frühjahr auch ein
abendlicher Lese- und Schreibkurs für die Eltern statt. Zum
Jahresende können sie schon ein wenig in der Zeitung lesen.
- 1981
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Die jährliche Weihnachtsfeier, die auch das Schuljahr
beschließt, wird zunehmend durch Darbietungen der Schulkinder
bereichert. Sie singen, tragen Verse vor und lesen aus der
Bibel. Sämtliche Farmbewohner kommen um einen kleinen Christbaum
– einen Kameldorn – zusammen und werden von der Farmerfamilie
beschenkt: Kleiderstoff für die Frauen,
Süßigkeitenpäckchen für die Kinder.
- 1982
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Aus Spendengeldern erhalten die Schulkinder warme Kleidung für den
Winter. Frau Scholz schreibt nach Deutschland: "So können die
Kinder an einem kalten Morgen lernen statt zu zittern."
- 1983
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Fünf Schüler beenden die sechste und letzte Klasse der
Farmschule Naos. Sie dürfen in die siebte Klasse eines Internats
auf einer anderen Farm wechseln. Ihre Ausstattung wird durch Spenden
möglich, da ihre Eltern arbeitslos sind. Sie leben sich nur langsam
ein, da sie zum ersten Mal den Familienverband verlassen. Den in den
nächsten Jahren nachfolgenden Naoser Schülern fällt die
Umstellung leichter: sie finden bereits Bekannte vor.
- 1984
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Besuch aus Rehoboth: Unter der engagierten und umsichtigen Schulleiterin
hat die junge Farmschule inzwischen auch gute Kontakte zu anderen
Schulen geknüpft. Ein Rehobother Schulchor besucht Naos zum
gemeinsamen Musizieren.
- 1985
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Die lebendige Schule ist anregend und motivierend für alle
Generationen auf der Farm. Auch die Eltern bereiten Beiträge
für die jährliche Weihnachtsfeier vor, der Erwachsenenchor
singt – ein Höhepunkt für alle Naoser.
- 1986
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Von immer weiter her strömen die Kinder in die Naoser Schule und
nehmen dafür lange Wege durch die Steppe in Kauf. Jedes Jahr
bestehen sechs bis zehn Absolventen die Aufnahmeprüfung für
die weiterführende Schule, in der sich die Naoser Kinder inzwischen
gut zurechtfinden.
- 1987
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Der Schulkomplex wächst um ein Wohnhaus für die Lehrer. Da
viele Kinder täglich in kilometerlangen Fußmärschen zur
Schule kommen, besteht schon lange der Wunsch nach einem Wohnheim. Nun
kann der Bau eines Internats endlich in Angriff genommen werden. So
sorgt die wachsende Schule auch für weitere Arbeitsplätze auf
der Farm.
- 1988
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Zwei große Neuerungen kann die Farmschule vorweisen: eine gut
besuchte siebte Klasse – bisher waren es sechs – und das
eben eingeweihte Schülerheim. Heimmutter Magdalene sorgt rund um
die Uhr für die Kinder, organisiert, putzt, kocht, backt Brot. Der
Staat gibt pro Kind einen kleinen Zuschuss, der für die Versorgung
mit Lebensmitteln ausreicht. Die einfache Ausstattung von Küche und
Schlafsälen stammt aus Spendengeldern.
- 1989
-
Die erfolgreichste Naoser Schülerin, Maria, absolviert die zehnte
Klasse eines Internats in Windhoek, der Hauptstadt Namibias, und beginnt
eine Ausbildung zur Lehrerin. Im Zuge der Loslösung von
Südafrika und der damit verbundenen Lockerung der Apartheid steht
den Farmschülern erstmals ein Internat im nahe gelegenen Rehoboth
offen, das die Naoser Schulabgänger künftig besuchen. In
Rehoboth sind sie nicht mehr so weit von ihren Familien entfernt und
haben mehr Bekannte.
- 1990
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Für die Vorschulkinder wird ein kleiner Kindergarten
eingerichtet. Außerdem finden erstmals ein Sportfest und ein
Schulausflug in die Hauptstadt Windhoek statt. Die Kinder, die zum Teil
noch nie eine Stadt gesehen haben, fahren begeistert Rolltreppe und
besichtigen den Flughafen.
- 1991
-
Beinahe ein Jahr ist Namibia nun unabhängig von Südafrika: Das
beeinflusst natürlich auch das Leben auf der Farm und in der
Farmschule. Besonders einschneidend ist die Umstellung von Afrikaans auf
Englisch als Amtssprache, denn nun wird auch auf Englisch unterrichtet:
bei den Schulanfängern stundenweise, in den höheren Klassen
ausschließlich.
- 1992
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Die jahrelange Dürre macht dem ganzen Land zunehmend zu
schaffen. Durch ein UNO-Schulspeisungsprogramm wird die Farmschule mit
einem großen Kochtopf ausgestattet, in dem für alle
Schulkinder Maisbrei zubereitet wird.
- 1993
-
Die Schülerzahl ist inzwischen auf über sechzig
angestiegen, so dass die Schulbehörde eine weitere Lehrerin
stellt. Ein Schulsaal mit Bühne, der auch als Klassenzimmer
genutzt werden soll, wird von Naoser Arbeitern gebaut. Im neuen
Schulgarten können die Kinder und ihre Familien eigenes
Gemüse anbauen. Ein Schattennetz schützt die Beete vor
hungrigen Affen und Vögeln. Lauda, eine Absolventin der
Farmschule, trägt die Verantwortung für den Garten und
überwacht den Arbeitsplan.
Elfriede übernimmt nach zehn Jahren Schulbesuch in Naos und
Rehoboth nun den Lese- und Schreibunterricht für die
Erwachsenen der Farm. Der Abendkurs ist gut besucht, auch wenn
er für die Teilnehmer nach der täglichen Arbeit in der
afrikanischen Hitze natürlich anstrengend ist.
- 1994
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Auch ein Krippenspiel ist mittlerweile Bestandteil der Weihnachts- und
Schuljahresabschlussfeier.
- 1995
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Da der Bedarf an Internatsplätzen für Kinder von den
Nachbarfarmen immer weiter wächst, wird das Schülerheim um ein
kleines Gebäude mit zehn Betten erweitert.
Im Frühjahr dürfen fünfzig Kinder mit ihrem Schulleiter
einen mehrtägigen Ausflug an die Küste unternehmen. Sie wohnen
in einem staatlichen Jugendhaus und versorgen sich selbst. Zum ersten
Mal sehen sie das Meer, besichtigen zwei Küstenstädte, den
Hafen, eine Fischfabrik.
- 1996
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Wegen der anhaltenden Dürre kann der Schulgarten nicht mehr
bewässert werden.
Zwei Naoser Schülerinnen, die jeweils elf Jahre Schulbesuch hinter
sich haben, bereiten sich mittels Fernstudium auf das Abitur vor. Da die
Prüfungsklausuren im englischen Cambridge nach dortigen Standards
korrigiert werden, haben sie allerdings kaum Chancen, zu bestehen. Eine
der beiden, Wanda, hält außerdem den Erwachsenen-Abendkurs
und leitet den Farmladen.
- 1997
-
Endlich Regen in ganz Namibia! Viele Jahre Dürre haben ein
Ende – eine gewaltige Erleichterung für alle Naoser
Bewohner.
Die Musikschule Metzingen besucht im Rahmen einer Rundreise Naos, zeigt
sich begeistert vom Schulchor und lädt ihn zu ihrem Konzert in die
Windhoeker Christuskirche ein. In aller Eile werden 25 Sänger neu
eingekleidet und nach Windhoek gebracht. Die Kinder haben noch nie einen
solch großen und hohen Raum betreten wie diese Kirche,
überwinden aber bald ihre Scheu, singen wunderschön und
bekommen besonders viel Applaus.
- 1998
-
Die Schule ist nun so groß, dass zu Schuljahresbeginn Schüler
abgewiesen werden müssen.
Der sechzehnjährige Engelhard,
der Diabetes hat, muss nach einem längeren Krankenhausaufenthalt
die weiterführende Schule in Rehoboth verlassen. Spendengelder
ermöglichen seine medizinische Versorgung, eine angemessene
Ernährung und seine erneute Aufnahme in die Schule.
- 1999
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Wieder bereichert eine großzügige Spende den Schulalltag: Die
Schulbibliothek ist nun in einem eigenen kleinen Raum untergebracht.
- 2000
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Mit Hilfe von Spendengeldern kann ein auslaufendes
Entwicklungshilfeprojekt der deutschen Regierung
fortgeführt werden, den Maisbrei der täglichen
Schulspeisung mit Speiseöl aufzuwerten. Dieses Jahr
erhält jedes Kind ein Paar Schuhe, denn viele Kinder kommen
nach wie vor barfuß zur Schule.
- 2001
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Aus Eigeninitiative ehemaliger Farmschüler ist ein
Erwachsenenchor entstanden, der sich einmal wöchentlich zu
Proben trifft. Die Konzerte mit Gesang und Tanz finden in der
Schulaula statt.
- 2002
-
Ehemalige Schüler können zunehmend anspruchsvolle
Aufgaben auf der Farm übernehmen, wie zum Beispiel den
Transport der Farmschul-Absolventen zur High School in Rehoboth
und die Organisation der Schulgebühren. Auch die neue
Heimmutter im Internat, Anneliese, hat die Naoser Schule besucht
und anschließend im Farmhaus Haushaltsführung
gelernt.
Große Freude herrscht, als zu Beginn des
Winters sämtliche Schüler Schuhe bekommen –
Spendengelder machen es möglich.
- 2003
-
Die Farmschule feiert
ihr 25jähriges
Bestehen!
Mit Schuljahreswechsel tritt ein neuer, junger Schulleiter
sein Amt in der Farmschule an.
- 2004
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Zwölf Kinder besuchen inzwischen den Naoser Kindergarten und
bereiten sich dort spielerisch auf den Schulbesuch vor. Spenden
ermöglichen den Schülerinnen und Schüern ein besonderes
und für die meisten wohl einmaliges Erlebnis: Einen Schulausflug an
die Küste des Landes.
- 2005
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Eine neue Lehrerin für die unteren Klassen ergänzt den kleinen
Lehrkörper. Internat und Bibliothek können mit stabilen neuen
Tischen und Bänken ausgestattet werden. Die Zahl der Schüler
ist nun auf über Siebzig angestiegen. Etwa die Hälfte von
ihnen lebt im Internat.
- 2006
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Immer wieder helfen die Spendengelder, Engpässe zu
überbrücken und die Ernährung der Kinder in Form der
täglichen Schulspeisung zu sichern. Zwei Kinder eines
Farmarbeiters, die nach Abschluss der Naoser Farmschule nun eine
weiterführende Schule in Rehoboth besuchen, können sich
über sehr gute Zeugnisse freuen.
- 2007
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Die ganze Schule kann – dank der Geldspenden – wieder einen
Schulausflug zur Landesausstellung in Namibias Hauptstadt Windhoek
unternehmen. Für die Farmkinder ein ganz besonderes und
beeindruckendes Ereignis.
- 2008
-
Das dreißigjährige Jubiläum und zugleich das letzte
Schuljahr der Farmschule Naos. Schon seit vielen Monaten bereitet das
Ehepaar Scholz den Umzug der Naoser Kinder in das Internat
der Kwakwas Primary School vor, das aus
Spendengeldern einen zusätzlichen Schlafraum erhält. Die
übliche Abschlussfeier zum Schuljahresende wird zum großen
Abschlussfest für die Schule mit Darbietungen der Schülerinnen
und Schüler, Reden und Geschenkpäckchen für alle Kinder.
23. April 2011